Am 9. November 2021 fand die 84. Verbandsversammlung des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum München (PV) im Bürgerhaus der Gemeinde Karlsfeld (Landkreis Dachau) statt. Unter dem Vorsitz von Landrat Christoph Göbel (Landkreis München) haben die Verbandsmitglieder einstimmig den Haushalt 2022 sowie den Beitritt von sechs Gemeinden beschlossen. Dazu gehören neben der Gemeinde Aresing und des Markts Burgheim (beide Landkreis Neuburg-Schrobenhausen) die Gemeinden Feldafing (Landkreis Starnberg), Frauenneuharting (Landkreis Ebersberg), Valley (Landkreis Miesbach) und Wang (Landkreis Freising). SZ-Journalist Gerhard Matzig beleuchtete in Form von elf Thesen, wie wir künftig wohnen werden.
Karlsfelder Herausforderungen
Der Erste Bürgermeister der Gemeinde Karlsfeld, Stefan Kolbe, begrüßte als Hausherr des Bürgerhauses die Verbandsmitglieder. Kolbe präsentierte seine Gemeinde bezogen auf die Einwohnerzahl von rund 22.000 Einwohnern als zweitgrößte Kommune des Landkreises Dachau und flächenmäßig als kleineste Kommune mit knapp 16 Quadratkilometer.
Der erste Bürgermeister ging ausführlich auf die großen Herausforderungen Karlsfelds ein, was den Verkehr, die soziale Infrastruktur und die Kinderbetreuung sowie bezahlbaren Wohnraum angeht. Letzteres sei eine interkommunale Aufgabe im Ballungsraum München.
Markt Burgheim, Feldafing, Frauenneuharting
Die Vertreter des Markts Burgheim und der Gemeinden Feldafing und Frauenneuharting präsentierten jeweils ihre Kommun:
- Dem Ersten Bürgermeister des Markts Burgheim Michael Böhm bereite der Kiesabbau Probleme. „In Spuckweite der Donau gelegen“ habe der Markt immense Kiesvorkommen, von denen der prosperierende Raum Ingolstadt profitiere. Darum sei der Gemeinderat auf den PV gekommen, um bei der Ausweisung von Kiesabbaugebieten zu unterstützen.
- Die am Starnberger See gelegene Gemeinde Feldafing stehe vor dem großen Problem, keine Flächen mehr zu haben, erläuterte die Dritte Bürgermeisterin Maximiliane Gerber. Da die Kaserne doch nicht aufgelöst werde, sei die Gemeinde mehr oder weniger am Ende von größeren Bauprojekten angelangt.
- Die Gemeinde Frauenneuharting habe knapp 1.600 Einwohner, bestehend aus vielen kleinen Siedlungen, führte der Erste Bürgermeister Dr. Eduard Koch aus. Ziel sei es, die ländliche Struktur zu erhalten.
174 Mitglieder ab 2022 - auch über Planungsregion München hinaus
Der PV soll die neuen Mitglieder in allen Aspekten der Ortsentwicklung beraten. Neben fachlicher Unterstützung erhoffen sich die Gemeinden einen intensiveren Austausch zu kommunalen Planungen.
Mit den Beitritten wächst der Verband weiter: Ab 2022 zählt er 174 Mitglieder, darunter 165 Städte, Märkte und Gemeinden, die acht Landkreise der Region München und die Landeshauptstadt München.
Mit Aresing und Burgheim verzeichnet der PV erstmals Mitglieder aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Der Landkreis Miesbach ist mit fünf Mitgliedern vertreten: Neben Valley sind bereits Holzkirchen, Rottach-Egern, Schliersee und Weyarn mit dabei. Zudem sind mit Feldafing künftig alle 14 Gemeinden aus dem Starnberger Landkreis vertreten.
Bericht des Geschäftsführers
PV-Geschäftsführer Christian Breu betonte, dass der PV die Leistungen für seine Mitglieder kontinuierlich ausbaue. Ein Schwerpunkt liege auf Projekten der kommunalen Zusammenarbeit, die der PV begleite und unterstütze. Dazu gehöre etwa das Konzept für den Raum München Nord zur Entwicklung von Verkehr, Siedlung und Landschaft. Zudem verstärke der PV die Leistung städtebaulicher Entwurf, da immer mehr Mitglieder diese nachfragten. Breu verwies als Beispiel auf die Gemeinde Eichenau: Hier arbeiten die Planer intensiv mit der Gemeinde zusammen, um dem Areal am S-Bahnbahnhof „ein neues städtebauliches Gesicht zu geben“.
Als wichtigste künftige Herausforderung der Kommunen nannte Breu den Erhalt der Lebensqualität in der Region. Hier bedürfe es einer konkreten Strategie jeder einzelnen Gemeinde für ihre Entwicklung.
Die Region München
Dr. Heike Piasecki, Niederlassungsleiterin München der bulwiengesa AG führte thematisch in den Fachteil „Wie werden wir 2050 wohnen?“ ein. Anhand von verschiedenen Zahlen etwa zum Zugzug in die Region und die Pendlerverflechtungen skizzierte Dr. Piasecki die Herausforderungen der Region, die ein starker großer Wirtschaftsraum sei.
Sie griff dabei auch das Thema Nachhaltigkeit beim Arbeiten und Wohnen auf sowie die wachsenden Herausforderungen durch den Klimawandel.
Wie werden wir 2050 wohnen?
„Die große Stellschraube für den Klimawandel ist das Planen und Bauen – in der Reihenfolge“, begann SZ-Journalist und Architekt Gerhard Matzig seinen Vortrag zur Frage „Wie werden wir 2050 wohnen?“. Anhand von elf Thesen entwickelte er einen Blick in die Zukunft des Wohnens. Er startete mit der Aussage, dass Wohnen etwas sehr Konservatives (geblieben) sei, geprägt vom existenziellen Bedürfnis des Menschen. Visionen rund um das Wohnen hätten es schwer, sich durchzusetzen. Dabei bräuchten wir Vorstellungen von Morgen. Die These „das Wohnen wird grüner“ spiegle die Sehnsucht nach Grün wider, besonders in Städten.
Neben den gegensätzlichen Thesen „das Wohnen wird kleiner“ geprägt von der Tiny-House-Bewegung und „das Wohnen wird größer“ bedingt durch die Vereinzelung unserer westlichen Gesellschaft geht Matzig davon aus, dass das Wohnen differenzierter und der Stadt-Land-Gegensatz somit schwächer werde. These Nummer sieben lautet „das Wohnen wird gemeinschaftlicher“. Neue Nachbarschaftsformen mit Räumen für alle in dörflicher Struktur (urbane Dörfer) ermöglichten Leben und Arbeiten an nur einem Ort.
„Totegesagte leben länger“
„Das Einfamilienhaus stirbt“, führt der SZ-Journalist aus und schiebt gleich nach: „Totgesagte leben länger“. Das klassische Einfamilienhaus sei aus ökologischen Gründen nicht mehr zeitgemäß, Varianten wie Mehrgenerationenhäuser böten Lösungsansätze. Zudem werde Wohnen multifunktional, eine klar abgegrenzte Wohnaufteilung verflüchtige sich – auch durch Corona. Künftig bildeten Wohnen und Arbeiten ein Hybrid, bei dem das ‚ganze Haus‘ ein Comeback erlebe.