Mehrfachbeauftragung Wohnquartier Grafrath


 Mai bis Oktober 2022

Die Nachfrage nach Wohnraum in der Gemeinde Grafrath wächst stetig. Deshalb hat der Gemeinderat beschlossen, ein neues Wohngebiet zu entwickeln. Auf einem 1,8 Hektar großen Grundstück am südlichen Ortseingang sollen Wohnhäuser für 100 bis 140 Einwohner geschaffen werden. Das Plangebiet befindet sich auf einer Hochterrasse der Amper und hat daher eine schwierige Topographie. Der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München (PV) betreute zu diesem Vorhaben eine Mehrfachbeauftragung. Drei Planungsbüros reichten Ideen für die Gestaltung des neuen Wohngebiets ein. Ein Konzept überzeugte das Bewertungsgremium besonders.

Anforderungen: vielfältig und grün

Grafraths Siedlungsstruktur ist ländlich geprägt. Für das neue Wohngebiet wünscht sich die Gemeinde eine ähnliche Struktur mit einer Mischung aus Einzel- und Doppelhäusern, Reihenhäusern und Geschosswohnungsbau. Zum Ziel gehört auch, Wohnraum für Menschen unterschiedlicher Einkommensgruppen zu schaffen. Zudem soll die Planung des Areals weitere Kriterien erfüllen:

  • Möglichst wenig versiegelte Flächen
  • Verkehrsarme Erschließung
  • Integration einer zentralen Spiel- und Begegnungsfläche
  • Abschirmung gegenüber Straßenlärm
  • Hoher Anteil an großen und kleinen Bäumen
  • Fahrradwege sowie Fahrradabstellplätze
  • Berücksichtigung der Aspekte Klimaschutz, Energiebedarf und Nachhaltigkeit

Vorgehensweise

Im Juni 2022 wurden drei Arbeitsgruppen aus Stadtplanern und Landschaftsarchitekten beauftragt, einen städtebaulichen Entwurf zu erarbeiten. Alle teilnehmenden Gruppen reichten ihre Planunterlagen anonymisiert zum Abgabetermin Ende Juli ein. Wie bei einer Mehrfachbeauftragung üblich, erhielt jedes Team ein vorher festgelegtes Honorar für seine Arbeit.

Auf einer Sitzung Mitte September 2022 diskutierte das Bewertungsgremium, bestehend aus stimmberechtigten und beratenden Mitgliedern, die vorliegenden Pläne und Modelle. PV-Planerin Judith Praxenthaler stellte die drei Entwürfe sowie die Ergebnisse der Vorprüfung vor. Im Anschluss daran gingen drei Fachberater, darunter Christian Schwander (Architekt und Leiter der Ortsplanung im PV), auf die Stärken und Schwächen der jeweiligen Entwürfe ein. Nach einer ausführlichen Diskussion vergab das Bewertungsgremium folgende Ränge:

 

 

Rang 1

Über den ersten Rang konnten sich das Architekturbüro Wild, Geltendorf und das Landschaftsarchitekturbüro Lohde, Fürstenfeldbruck freuen.

 

 

 

Rang 2

Die Arbeit von meuer - planen beraten, München und Stautner + Schäf Landschaftsarchitekten und Stadtplaner, München wurde mit dem zweiten Rang gewürdigt.

 

 

Rang 3

Den dritten Rang belegen Kehrbaum Architekten, München und  Topotek 1 Gesellschaft von Landschaftsarchitekten, Berlin.

 

Ausgezeichnet: Ringerschließung mit zentralem Anger

Das Gewinnerkonzept für das neue Wohngebiet konnte das Gremium mit einer ringförmigen Anordnung von zweigeschossigen Gebäuden überzeugen. Die von der Gemeinde gewünschte Begegnungsfläche planen der Architekt Thomas Wild und der Landschaftsarchitekt Martin Lohde in der Mitte des Wohngebiets, wodurch es für alle, die dort wohnen, gut erreichbar ist.

Regenwassermanagement

Sowohl die Anordnung der Gebäude als auch die vorgesehenen Parkmöglichkeiten in einem zweigeschossigen Parkdeck bezeichnet das Bewertungsgremium als sehr gelungen. Die Lage des Parkdecks direkt an der Hauptstraße dient als Lärmschutz und lässt ein verkehrsberuhigtes Wohnquartier entstehen. Gute Vorschläge machen die Architekten auch zum Regenwassermanagement: Unterirdische Pufferspeicher, sogenannte Rigolen, fangen überschüssiges Regenwasser auf und lassen es versickern. Weitere Rigolen im Anger leiten Wasser über ein Netzsystem direkt an umliegende Bäume und sorgen so für deren zusätzliche Bewässerung. Darüber hinaus wird jedes Gebäude über Regenwasserzisternen die Möglichkeit haben, das gewonnene Wasser aufzufangen und zu nutzen.

Grünstruktur

Die Architekten planen in ihrem städtebaulichen Entwurf, die bestehenden Bäume am Rand des neuen Wohngebiets zu erhalten. Im Süden schlagen sie eine Obstbaumreihe vor, während das Herz des Quartiers intensiv durch Hecken und Stadtbäume begrünt werden soll.

Plus-Energie-Wohngebiet

Auch in Bezug auf den Energieverbrauch kann das Planungskonzept punkten. Der Großteil der Dächer wird nach Ost-West ausgerichtet sein, sodass die Sonnenenergie durch PV-Anlagen auf den südseitlichen Dachflächen optimal genutzt werden kann. Neben den Wohnhäusern erhält auch die Mobilitätsstation im Anger Solarmodule. Die gewonnene Energie steht damit direkt für E-Mobilität bereit. Insgesamt soll das Quartier zu einem Plus-Energie-Wohngebiet werden, was bedeutet, dass es in der Jahresbilanz mehr grüne Energie produziert, als seine Bewohnerinnen und Bewohner selbst verbrauchen.

Das Bewertungsgremium stuft die Lösung von Architekturbüro Wild und Landschaftsarchitekturbüro Lohde als ein gelungenes Beispiel für ein zukunftsfähiges ländliches Wohnquartier ein. Die Gemeinde entscheidet nun, wie das Konzept umgesetzt wird.