Artenschutz in der Bauleitplanung

Aufgabe und Chance für Kommunen

 

Vor dem Hintergrund des Artenschwunds ist Artenschutz von großer aktueller Bedeutung. Er stellt einen elementaren Aspekt bei der Abwägung von Planungsprojekten dar und bildet einen wichtigen Baustein für eine rechtssichere und nachhaltige Stadt- und Gemeindeentwicklung.

Wo kommen Arten vor?

Ob ländlich geprägt oder urban verdichtet – Arten kommen auch dort vor, wo man sie nicht erwarten würde. Daher ist es wichtig, bei jeder Bauleitplanung auch die potenzielle Betroffenheit von Tieren frühzeitig mitzudenken. Welche Lebensräumeund Strukturen sind im Plangebiet vorhanden? Könnten dort geschützte Tierarten vorkommen?

Typische Lebensräume und geeignete Strukturen sind: 

  • Gebäude (Stadt & Land): zum Beispiel Brutplätze von Mauerseglern oder Quartiere von Fledermäusen
  • Offenland: zum Beispiel Lebensraum für Feldlerchen oder Schmetterlinge
  • Hecken und Gehölzstrukturen: Rückzugsort für Amphibien, Vögel und Kleinsäuger
  • Wälder und Waldränder: Vorkommen von Spechten und Eulen sowie Eidechsen und Haselmäusen möglich
  • städtische Gärten und Parks: zum Beispiel Lebensraum von Wildbienen, Nachtfaltern, Fledermäusen oder Amphibien
  • Lineare und strukturreiche Übergänge: längliche Landschaftselemente, die sich wie ein Band durch die Landschaft ziehen und dabei verschiedene Lebensräume miteinander verbinden oder durchziehen. Diese Strukturen sind ökologisch besonders wertvoll, weil sie vielen Arten als Wanderkorridor und Rückzugsort dienen

Schutzstatus und Folgen für die Planung

Arten werden in Deutschland gemäß dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) nach ihrem rechtlichen Schutzstatus eingestuft – mit Folgen für das weitere Vorgehen:

  • Allgemein geschützt
  • Besonders geschützt (für spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) relevant)
  • Besonders und streng geschützt (für saP relevant)

Darüber hinaus sind weitere internationale, europäische, nationale und landesspezifische Gesetze und Rechtsverordnungen zu berücksichtigen– etwa die planungsrelevanten Artenlisten Bayerns

Bei einer Erstbegehung des Plangebiets geht es um eine erste Einschätzung über die Artenvielfalt. Kommen Arten vor, die planungsrelevant sind und somit besonders berücksichtigt werden müssen? Je früher dies bekannt ist, desto besser kann eine Kommune den Umfang notwendiger Erhebungen einschätzen und ihre Planung gestalten.

Kartierung – Zeitfenster beachten

Für die Erfassung von Arten gelten feste Kartierzeiträume, die bei einzelnen Tierarten oft nur wenige Wochen im Jahr umfassen. Deshalb ist es wichtig, bereits im Vorfeld eines Verfahrens zu klären, ob und wann faunistische oder floristische Erhebungen notwendig sind.

Hierbei unterstützt Sie der PV

Der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München (PV) ist für seine Mitgliedsgemeinden ein wichtiger Ansprechpartner – auch wenn es um den Artenschutz geht. Gerne übernehmen wir folgende Aufgaben für unsere Mitglieder:

  • Beratung zum Artenschutz
  • Artenschutzrechtliche Vorprüfung
  • Artenschutzrechtliche Konzepte in Kombination mit Eingriffsregelung
     
  • Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
    • je nach Art und Situation unter Einsatz von Fledermausdetektor
    • und Wildtierkamera
  • Umweltbericht inklusive naturschutzrechtlicher Eingriffsregelung
     
  • Bauleitplanung einschließlich Artenschutz aus einer Hand
  • Abstimmungsprozesse mit der Unteren Naturschutzbehörde vor, während und nach artenschutzrechtlichen Projekten

Fledermaus-Bildergalerie

Mopsfledermaus in Hand mit ausgebreitetem Flügel Fledermauskolonie im Dachstuhl Einzelne fledermaus im Dachstuhl Alte Hausfassade mit großem Riss

Artenschutz in der kommunalen Planung – Beispiele aus der Praxis

Der PV unterstützt seine Mitgliedskommunen aktiv dabei, den Artenschutz in der Bauleitplanung zu berücksichtigen. Wie das geschulte Team arbeitet, zeigen exemplarisch folgende drei Projekte:

Landsberg am Lech: Lebensraum Wald erhalten trotz Sportstättenerweiterung

Der TSV 1882 Landsberg e.V. möchte seine Sportanlagen erweitern. Dafür soll ein Teil des angrenzenden Waldgebiets weichen. Um den Biotopverbund dennoch zu sichern, bleibt ein rund 30 Meter breiter Waldstreifen zwischen Straße und Sportfläche erhalten. Im Auftrag der Stadt Landsberg führt der PV eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) durch, um die ökologischen und artenschutzrechtlichen Auswirkungen des Vorhabens zu bewerten. Im Fokus stehen dabei insbesondere Vogelarten und Fledermäuse. Auf dem 2,9 Hektar großen Plangebiet kamen unter anderem Fledermausdetektoren und eine Wildtierkamera zum Einsatz. Letztere konnte einen Schwarzspecht einfangen. Ergänzend zur saP erstellt der PV auch den Umweltbericht. Dieser enthält neben dem Artenschutzkonzept auch die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung und beleuchtet weitere Schutzgüter wie Boden, Wasser und Klima.

Moosinning: Siedlungserweiterung mit ökologischer Aufwertung des Offenlands

Für die geplante Siedlungserweiterung in Moosinning erstellt der PV nicht nur das städtebauliche Konzept, sondern übernimmt auch die saP und den Umweltbericht. Innerhalb des Untersuchungsgebiets stellten die Artenschutz-Experten einige planungsrelevante Arten fest, darunter Sperlinge, Rauchschwalben und Biberspuren. Als Maßnahme für den Artenschutz soll der an das Plangebiet angrenzende Bach renaturiert werden. Die Renaturierung wird in das städtebauliche Konzept integriert und auf die in der Umgebung vorkommenden, planungsrelevanten Arten angepasst. Ein Teil des erforderlichen Ausgleichsbedarfs kann so bereits abgegolten werden.

Grafrath: Artenschutz bei Infrastrukturprojekten

Auch bei Infrastrukturprojekten spielt der Artenschutz eine wichtige Rolle. Die Gemeinde Grafrath plant einen neuen Fuß- und Radweg entlang der stark befahrenen Bundesstraße B471. Der PV übernimmt im Auftrag der Gemeinde die saP – mit besonderem Augenmerk auf möglicherweise betroffene Fledermausarten. Da sich das rund 1,5 Kilometer lange Untersuchungsgebiet schwer zugänglich durch bewaldetes Gelände zieht, setzt unser erfahrenes Team auf punktuelle Begehungen. In der Abenddämmerung positionieren sich die Fachkräfte mit Walkie-Talkies und Fledermausdetektoren an ausgewählten Standorten, um Fledermausflüge und Flugrouten zu beobachten. Zeitpunkt und Flugrichtung der Tiere geben Hinweise auf potenzielle Quartierstandorte. Zusätzlich dokumentierte das Team bereits vor dem Laubaustrieb Bäume mit Höhlen oder Spalten – mögliche Strukturen, die nun, während dem Aktivitätszeitraum der Fledermäuse, gezielt überprüft werden, um mögliche genutzte Quartiere zu identifizieren.

Chance für mehr Artenvielfalt in Kommunen

Der Artenschutz ist kein pauschales Planungsrisiko, sondern Teil einer vorausschauenden kommunalen Entwicklung. Wer frühzeitig hinschaut, kann Planungssicherheit schaffen – für die Kommune selbst und für alle Beteiligten. So lassen sich Verzögerungen und zusätzliche Kosten oft vermeiden. Den Artenschutz von Anfang an in die Planung einzubeziehen, ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern auch eine Chance, aktiv zum Erhalt der biologischen Vielfalt vor Ort beizutragen.

Ihr Kontakt

Annika Schyschka
M.Sc. Angewandte Humangeographie
Manfred Dörr
Dipl.-Ing. (FH) Landschaftsarchitektur