Wie können Kommunen klimagerechtes Bauen aus Holz für innovative Wohngebäude und Parkkonzepte realisieren? Welche Erkenntnisse liefert das Forschungsprojekt „Einfach Bauen“ der TU München mit seinen Forschungshäusern? Und wie sieht die gelungene Konversion eines ehemaligen Kasernengeländes und seine Nachnutzung mit Nullemissionsquartier aus?
Im Rahmen eines „Kommunalpolitischen Netzwerktreffens für klimagerechtes Bauen“ erkundeten Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedskommunen des Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München (PV) Ende September 2023 das B&O Gelände in Bad Aibling. Mit dabei waren Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Fachleute aus den Bauverwaltungen und aus dem PV, die sich über innovative Holzbauten und C02-neutrales Bauen sowie die Vorteile der Holzmodulbauweise austauschten.
Nach Begrüßung und Einführung durch PV-Geschäftsführer Marc Wißmann und Vorträgen von B&O Gründer Dr. Ernst Böhm und Architekt Prof. Hermann Kaufmann ging es auf Exkursion durch das Konversions- und Experimentiergelände mit weitläufiger Parkanlage. Highlights der Führung waren
- achtgeschossiger Holzbau als Wohn- und Bürogebäude mit 80 Prozent Flächeneffizienz
- eine im Holzbau errichtete Parkgarage
- geschindelte Dreispänner: Reihenhäuser statt Einfamilienhäuser auf dem Land
- die Forschungshäuser „Einfach Bauen“ der TU München und von Prof. Florian Nagler
- Bürogebäude in Holzmodulbauweise für die Polizei
Nullemissionsquartier, CO2-neutrales Bauen, Holzbauprototypen
Das B&O-Gelände in Bad Aibling hat eine wechselhafte Vergangenheit: Ursprünglich diente es als Flugschule der Nationalsozialisten, nach dem Krieg als Flüchtlingslager und im Anschluss bis 2004 als Standort für NSA und BND. Von dem insgesamt 130 Hektar großen Gelände erwarb die B&O Gruppe 2006 rund 70 Hektar und nutzte die Konversionsfläche um, hauptsächlich für Forschungs- und Entwicklungaktivitäten.
Ein Teil des Geländes entwickelte die B&O Gruppe zu einem Nullemissionsquartier, das auf Solarthermie, Photovoltaik, Nahwärme und Restholzheizung setzt. Dabei legte man besonderen Wert auf die Verbindung von Arbeit, Wohnen und Leben und darauf, eine soziale Mischung von Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher sozialer Herkunft zu schaffen. Das Gelände dient als Modellquartier für die Wohnungswirtschaft und konzentriert sich auf Sanierung, Modernisierung und Nachverdichtung.
Daneben hat sich die B&O Gruppe dem CO2-neutralen Bauen verschrieben, also der Reduzierung von grauer Energie, und experimentiert mit innovativen Holzbauten. Ein Schwerpunkt liegt hier auf der Vorfertigung von Modulen, um den Wohnungsbau kostengünstiger zu gestalten.
Bauen mit Holz - Parkdeck, Feuerwehrhaus, Gemeindezentrum
Prof. Hermann Kaufmann von HK Architekten erläuterte, wie Kommunen innovative Gebäude aus Holz für klimagerechtes Bauen realisieren können. Dabei handelt es sich nicht nur um Wohngebäude, sondern auch um Parkdecks, Feuerwehrhäuser oder Gemeindezentren. Der Architekt des Holzparkdecks erklärte ausführlich die Entwicklung und die spezielle Konstruktionsweise, wie etwa die Verzahnungen, um Stabilität zu erreichen.
Ein wichtiger Aspekt beim Bauen mit Holz ist der Schutz vor Feuchtigkeit bereits während der Bauphase. Dies kann zum Beispiel durch vorgefertigte Teile gewährleistet werden. Auch die Stützpfeiler des Parkdecks müssen besonders vor stehender Feuchtigkeit geschützt werden. Feuer hingegen stellt kein Problem dar, da Holz im Brandfall unbedenklich ist.
Insgesamt erfordert Holz eine andere Gestaltung als Beton oder Stahl. Man sollte nicht versuchen, diese Materialien nachzuahmen, sondern neue Ansätze entwickeln, forderte Kaufmann. Bei seinen Objekten achtet er darauf, dass sie sich mit Blick auf Nachhaltigkeit einfach zurückbauen und somit wiederverwenden lassen. Das resultiert in einer schlichten und effizienten Tragwerkskonstruktion. Auch bei der Bodenplatte kann Recyclingmaterial verwendet werden.
Holz als nachhaltiger Baustoff
Im Rahmen der geführten Tour besuchten wir verschiedene Bauprojekte, die den Einsatz von Holz als Baustoff demonstrieren. Wir besichtigten das achtstöckige Holzhaus „Holz 8“ von Schankula Architekten, das Parkdeck aus Holz und die geschindelten Dreispännern von HK Architekten sowie die Forschungshäuser des Projekts „Einfach Bauen“ der TU München und des Architekten Prof. Florian Nagler.
Die Forschungshäuser stehen als bewohnte Prototypen auf dem Gelände. Ganz neu hinzugekommen ist ein Forschungshaus der zweiten Generation, bestehend aus einer Kombination aus Holz, Stroh, Lehmsteinen und wiedergenutzten Ziegelsteinen. Wir hatten das Glück, einen Blick in die multifunktionalen Räume des noch im Bau befindlichen Gebäudes werfen zu dürfen. Außerdem inspizierten wir das neue Bürogebäude für das Polizeipräsidium Oberbayern, das mit vorgefertigten Holzmodulen errichtet wird.
Holz als nachhaltiger Baustoff gewinnt zunehmend an Bedeutung. In den kommenden Jahren wird bedingt durch das geänderte Klima eine große Menge an Holz, insbesondere von Fichten, verfügbar sein. Es ist wichtig, dieses Holz sinnvoll als Kohlenstoffspeicher zu nutzen und beim Bau einzusetzen. Beton, der energie- und ressourcenintensiv ist, lässt sich vor allem im Wohnungsbau leicht durch Holz ersetzen. Dies gilt ebenso für den kommunalen Wohnungsbau aber auch für Park-, Feuerwehr- und Rathäuser.