Panel 2: Landschaft verhandeln – „Landwirtschaftsschutzgebiete“

Über die Rolle der Landwirtschaft im fortschreitenden Strukturwandel und beim Landschaftsschutz sowie Chancen und Risiken diskutierten Moderator Prof. Dr. Sören Schöbel-Rutschmann, Professor für Landschaftsarchitektur regionaler Freiräume, TU München, Gerlinde Toews-Mayr, Sachgebietsleiterin Landwirtschaft, Amt für Ländliche Entwicklung Oberbayern, Landrat Martin Bayerstorfer, Landkreis Erding, und Anton Kreitmair MdL, Bezirkspräsident Oberbayern, Bayerischer Bauernverband. (Foto v.l.n.r)

Auch in dieser Runde ist man sich einig, dass hinsichtlich Siedlungspolitik und Flächenverbrauch dringend ein Umdenken notwendig ist – gerade auch im ländlichen Raum. Ein Einfamilienhaus mit 1.000 qm Grundstücksfläche wie früher sei weder zeitgemäß noch gewünscht und schon gar nicht mehr bezahlbar, formulierte es Kreitmair. Der Flächenverbrauch sei maßlos überzogen und auch in die Politik müsse diesbezüglich mehr Vernunft einkehren, erklärte Bayerstorfer. Auch das Thema urbane Gebiete für ländliche Räume zur Erhaltung der Wirtschaftsstruktur von dörflichen Gebieten wurde diskutiert. Zudem riefen die Diskutanten auf, sich mehr Gedanken über die öffentliche Fläche zu machen. Es müssten andere Konzepte her – wie etwa die Kaskadennutzung von Flächen, mehr Mischung und Überlagerung, Ausgleichsflächen im Naturschutzgebiet. Um dies zu erreichen, seien ein gemeinsames Verständnis und ein Austausch auf Augenhöhe gefordert.

Landschaft und Landwirtschaft im Landkreis Erding

Landschaftsstrukturen spielen eine Rolle bei der planerischen Entwicklung und wirken sich auch auf politische Entscheidungen aus, antwortete Landrat Martin Bayerstorfer (Foto unten Mitte) auf die Frage von Moderator Schöbel-Rutschmann. Dies erörterte Bayerstorfer am Beispiel seines Landkreises Erding. Das Gebiet des Landkreises unterteilt sich in drei Landschaftsformen: Hügelland im Norden und Osten (Erdinger Holzland), Moränengebiete im Süden und Südosten (Gattergebirge) und das Erdinger Moos (Fortsetzung der Münchner Schotterebene). Die Landwirtschaft bestimme die Siedlungsstruktur und somit auch die heutige Raumplanung. So fänden sich beispielsweise im Nord-Osten eher die Weiler und Einzelhoflagen. Wenn die Menschen dort bauen möchten, fehle hier baurechtlich die Möglichkeit dazu. Die bisherigen Strukturen (kleinere Gemeinden) wolle man nicht verlieren, betonte Bayerstorfer. Allerdings möchte er auch verhindern, dass immer mehr Betriebe verloren gehen. „Jedes Jahr geben rund 1 Prozent der Betriebe (das sind 20 pro Jahr) ihre Höfe auf.“ Als es um den Verkehr und Trassenverläufe geht, gibt er allerdings auch zu, dass die Politik die Landschaft bei Entscheidungen noch zu wenig berücksichtige. Auch hinsichtlich der Siedlungspolitik müsse ein Umdenken erfolgen, damit nicht so viele Einzelflächen verbraucht würden und auch eine funktionierende Dorfstruktur sei wichtig.

Mehr Verständnis

Aus der Sicht der Bauern, die in der Großstadtregion München wirtschaften, betrachtet der Oberbayerische Bauernverband-Bezirkspräsident Anton Kreitmair (Foto rechts) die Situation. Wie sähe denn ein neuer Gesellschaftsvertrag zur gemeinsamen Nutzung der Ressource Land in der Region aus, was könnten die Bauern einbringen, was dürften sie verlangen? Kreitmair plädierte für ein „Miteinander, denn beide Seiten haben einen Handlungsbereich“. Es gehe um ein „gemeinsames Verständnis – auch im Verhalten, damit Radfahrer, Reiter, Hundebesitzer… und Bauern nebeneinander leben können. Die Landschaft gehört uns allen!“ Dazu gehöre auch ein Verständnis für die Produktion: „Jeder will frische Waren!“ Die könnten nicht nur aus dem Ausland kommen. Zudem forderte er auf, sich über Bewertungsfragen intensive / extensive Bewirtschaftung Gedanken zu machen und Gewässer etwa extensiv zu bewirtschaften. Ein großes Anliegen von Kreitmair ist es, aufgelassene Hofstellen im Außenbereich sinnvoll zu nutzen. Dies müsse sorgfältig geplant werden. Ansonsten halte er als Landwirt nichts von Wohnen und Gewerbe im Außenbereich. Zuerst müsse es darum gehen, die Vitalität von Dorfkernen zu erhalten bzw. wieder herbeizuführen.

Flächen sparen

Agraringenieurin Gerlinde Toews-Mayr (Foto oben links) erläuterte, welche Rolle eine integrierende Herangehensweise bei der ländlichen Entwicklung in der Region habe. Die Schwerpunkte des Amtes für Ländliche Entwicklung Oberbayern seien die Verbesserung der Agrarstruktur und die Förderung der Kulturlandschaft. Die Landwirte wirken hierbei aktiv mit, wie z.B. auch bei der neuen Inititative boden:ständig bei der Landwirte und Gemeinden zusammen Projekte zum Boden- und Gewässerschutz umsetzen. Gemeinsam mit den Kommunen entwickelt das Amt verschiedene Landnutzungskonzepte, u.a. auch Konzepte zum Flächensparen etwa mit vier Gemeinden im Erdinger Holzland, um mit dem Siedlungsdruck umzugehen. Die Gemeinde Fraunberg sei – was das Flächensparen angeht – „eine Pioniergemeinde“. So wurde im Außenbereich, der aus 42 Weilern besteht und bei denen einige landwirtschaftliche Betriebe leer standen, eine Gewerbeumnutzung vorangetrieben, um so vitale Dorfzentren zu erhalten.