Städtebauliches Konzept Fuchstal


2015

Am südöstlichen Ortsrand des Ortsteils Leeder der Gemeinde Fuchstal, Landkreis Landsberg am Lech, soll im Anschluss an die bebaute Ortslage Baurecht für weitere Wohnnutzungen im planungsrechtlichen Außenbereich geschaffen werden, um der hohen Nachfrage nach Wohnraum nachzukommen.

Auf einer bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche ist Baurecht für bis zu 21 Wohngebäude vorgesehen. Mit dem städtebaulichen Konzept wird einem Grundsatz des LEP Rechnung getragen, u.a. weil eine flächensparende Bebauung, die dem dörflichen Charakter des Ortes entspricht, umgesetzt werden soll.

Planer Oliver Prells hat sich vor der Erstellung des städtebaulichen Konzepts intensiv mit der historischen Entwicklung des Orts und dessen dörflichen Charakter beschäftigt. Ausgangspunkt der Überlegungen war die Frage, wie die für traditionelle dörfliche Siedlungen prägenden Merkmale in den Entwurf eines zeitgemäßen Baugebiets einfließen können:

  • Hohe Dichte (Grund: kompakte Bebauung zur Schonung der Feldflur als Wirtschaftsgrundlage; keine Zier- und Freizeitgärten)
  • Hohe Durchgrünung (Bäume, unversiegelte Flächen, mindergenutzte Randbereiche)
  • Markante Raumbildung (durch hohe Dichte und Orientierung der Gebäude zur Straße, keine Zier-Vorgärten)
  • „Weiche“ Übergänge zwischen Verkehrsraum, öffentlichen und privaten Grünflächen, Gebäudevorzone und Hoffläche; Einfriedungen nur unmittelbar dort, wo zum Schutz der Tiere oder der Nutzgärten vor Tieren erforderlich
  • Keine harten Eigentumsgrenzen – optisch fließende Übergänge zwischen öffentlichem Raum (Straßenraum), „halböffentlichem“ Raum (Hoffläche / Gebäudevorzone) und privater Freifläche
  • Vielfältig genutzter Straßenraum (Verbindungs-/ Verkehrsfunktion, Erschließung der Grundstücke, Kommunikation / Aufenthalt / Kinderspiel, Wirtschaften)
  • Untergeordnete Rolle „technischer“ Elemente (z.B. Straßenbeleuchtung und Entwässerung, In- frastruktur für Verkehr sowie Ver- und Entsorgung)
  • Beschränkung auf wenige, regional verfügbare Baumaterialien (u.a. Holz, Stein / Putz, Ziegel, Eisen) > geschlossener „Farbkanon“; Materialien, die einer natürlichen Alterung unterliegen, welche ihrerseits die Farbigkeit dämpft
  • Gebäude in einfachen äußeren Formen („robuste“ Kubaturen)
  • Organisches Wachstum (keine ökonomisch optimierte „Erschließungsplanung“)

 

Das städtebauliche Konzept versucht, die Kriterien in angepasster Form aufzugreifen. Dabei wäre ein Verzicht auf Freizeitgärten oder die Stellung der Gebäude an der Straße selbstredend unangemessen.

Folgende Leitlinien sind daher für den Entwurf wesentlich:

  • „Unregelmäßigkeit“ der Gebäudestellung – keine orthogonalen Strukturen; perspektivische Wirkung durch leichte Drehung aus der Straßenflucht, Mischung verschiedener Bauformen (Einzel-/Doppel-/ggf. Reihenhaus) für unterschiedliche Wohnbedürfnisse
  • Raumbildung durch gezielte Baukörperstellung unter Einbeziehung der Nebengebäude / Garagen, Betonung der Richtungswechsel im Straßenraum durch Baumpflanzungen in den Kurven
  • Unregelmäßig begrenzter öffentlicher Raum mit eingebundener Straße, flexibel nutzbare Aufweitungen (Parken, Verweilbereiche, Grünflächen, Schneeablagerung etc.), dadurch Vermeidung einer allein auf die Verkehrsfunktion beschränkten Wirkung; Geschwindigkeitsdämpfung
  • Schaffung von Nachbarschaften (Plätze)
  • Zusätzliche Querverbindungen für Fußgänger (geeignet für nicht „gerätebezogenes“ Kinderspiel im Quartier), Verknüpfung mit dem bestehenden Wegenetz über durchgängige Grünverbindungen
  • Nutzbarkeit der Solarenergie durch weitgehend südorientierte Dächer
  • Süd-/Westorientierung der gebäudebezogenen privaten Freiräume, z.T. Nutzung der Garagen zur Abschirmung der Freiräume gegen den öffentlichen Raum
  • Ortsrandeingrünung in unregelmäßiger, nicht fluchtender Abgrenzung zu den vsl. hart abgegrenzten privaten Flächen (Zäune und Hecken)
  • Einfache Grundformen für die Gebäude
  • Ruhige Dachlandschaft durch Verzicht auf Gauben und Beschränkung sonstiger Aufbauten
  • Orientierung an Holz, Putz und Ziegel bei der äußeren Gestaltung der Gebäude


Die beabsichtigte „Unregelmäßigkeit“ in Gebäudestellung und Straßenraum soll dabei keinesfalls eine historisch gewachsene – weitgehend ungeplante – Struktur imitieren, sondern Strukturmerkmale aufgreifen, die als nützlich erkannt (z.B. hinsichtlich der verkehrsdämpfenden Wirkung) und visuell angenehm wahrgenommen werden (z.B. abwechslungsreiche, überschaubare Raumabschnitte).

Wie ging es nach dem städtebaulichen Konzept weiter?

Das im Jahr 2015 entwickelte und beratene städtebauliche Konzept mündete bislang in zwei Bebauungsplanverfahren. Für die ersten beiden Bauabschnitte – gut die Hälfte der vorgesehenen Fläche – sind die Satzungen seit April 2016 bzw. Januar 2017 rechtskräftig. Die Grundstücke sind vermessen und mit dem Bau der Erschließungsanlagen wurden im Frühjahr 2018 die weiteren Voraussetzungen für die Bebauung gelegt. Die Gestaltung des Straßenraumes wird dem Entwurfskonzept folgen und dörfliche Gestaltmerkmale aufgreifen.