Bebauungsplan Carl-Orff-Schule Andechs

einschließlich Machbarkeitsstudie, städtebaulichem Entwurf und Umweltbericht

2014 bis Juli 2018

Wenn man sich dem Andechser Ortsteil Erling von Norden über den Sankt-Elisabeth-Weg nähert, bemerkt man kaum die große Carl-Orff-Grundschule am Ortsrand. Ein grüner Hügel, auf dem der Schulsport betrieben und die Pausen verbracht werden, lässt nur das Dach des Gebäudes hervorschauen. Diese attraktive Situation sollte sich auch nicht durch die erforderliche umfangreiche Erweiterung für ein Kinderhaus und eine Turnhalle ändern.

 

Machbarkeitsstudie – Bedarfsprognose Kinderbetreuung

Bereits im Jahr 2014 beauftragte die  Gemeinde Andechs den Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München (PV) und das  Institut SAGS mit einer Machbarkeitsstudie, um den künftigen Bedarf an Kinderbetreuungseinrichtungen zu prognostizieren und geeignete Standorte für zusätzliche Betreuungseinrichtungen zu untersuchen. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2025 mit einem zusätzlichen Bedarf an Betreuungsplätzen sowohl in Kinderkrippen-, Kindergarten- und Hortgruppen zu rechnen ist. Die Gutachter empfahlen, ein gemeinsames Kinderhaus für alle drei Betreuungsangebote zu konzipieren, um Schwankungen in der Kinderzahl auffangen zu können.

Für dieses Kinderhaus wurden mehrere mögliche Standorte im Gemeindegebiet untersucht. Die Gutachter schlugen ein gemeindeeigenes Grundstück nördlich des Ludwig-Pröckl-Wegs vor, das durch die Lage unmittelbar neben der Grundschule große Synergieeffekte bietet. Auf diesem Grundstück sollte jedoch auch die lange benötigte Turnhalle für die Carl-Orff-Schule untergebracht werden. Ebenso sollten Flächen für Wohnungsbau bereitgestellt werden, da in der Gemeinde insbesondere ein Defizit an kleineren Wohnungen etwa für Senioren oder jüngere Erwachsene besteht.

Städtebauliches Konzept - kompakte Bebauung auf beengtem Grundstück

Es war eine anspruchsvolle Aufgabe, alle vorgesehenen Nutzungen auf dem mit 2,2 ha relativ kleinen Grundstück unterzubringen und sie in das reizvolle hügelige Gelände zu integrieren. Ein Kreuzweg mit herrlichem Ausblick auf den Klosterberg und denkmalgeschützten neuromanischen Stationshäuschen quert das Plangebiet im Norden und verstärkt dessen hohe kulturhistorische und landschaftliche Bedeutung.

Um die Baukörper in das schützenswerte Orts- und Landschaftsbild einzufügen, hat der PV städtebauliche Entwürfe in mehreren Varianten erstellt. Nach ausführlichen Beratungen hat sich der Gemeinderat für einen Entwurf entschieden: Turnhalle und Kinderhaus werden östlich der bestehenden Grundschule angeordnet, wodurch ein räumlich gefasster verkehrsfreier Vorplatz entsteht. Die zweigeschossigen Gebäude werden in den bestehenden Hang integriert, sodass sie vom Kreuzweg aus nur geringfügig in Erscheinung treten. Die Wohnbebauung entwickelt sich einzeilig entlang des Steinrinnenweges. Dabei werden im Süden Doppelhäuser und im Norden ein winkelförmiges Mehrfamilienwohnhaus angeordnet, um dem Bedarf insbesondere an kleineren Wohnungen für jüngere Erwachsene und ältere Bürger nachzukommen.

Besondere Herausforderungen und interdisziplinäre Lösungen

Eine große Herausforderung war die Nähe der geplanten Wohnbebauung zum bestehenden Feuerwehrhaus von Erling. Konflikte mit den künftigen Anwohnern aufgrund von lauten Übungseinsätzen schienen vorprogrammiert. In enger Zusammenarbeit mit der freiwilligen Feuerwehr wurde daher ein Lärmschutzgutachten ausgearbeitet. Der Gutachter nahm vor Ort die relevanten Lärmquellen auf und erarbeitete Lösungsvorschläge für ein verträgliches Nebeneinander. Dazu sind die Wohnungsgrundrisse so auszubilden, dass die Wohn- und Schlafräume nicht in Richtung Feuerwehrhaus angeordnet werden, sondern sich nach Süden und Westen zur offenen Landschaft orientieren.

Auch die Problematik von Schicht- und Hangwasser musste mitgedacht werden. Ein schlüssiges Konzept war umso mehr erforderlich, als durch die dichtere Bebauung weniger Fläche verbleibt, auf der Niederschlagswasser versickern kann. Deshalb überprüfte die Gemeinde zum Schutz der Unterlieger in Rücksprache mit den Wasser- und Abwasserbetrieben Ammersee wiederholt die Kapazitäten der Regenwasserkanäle. Diese werden gegenwärtig auf Basis eines Generalentwässerungsplans für das gesamte Gemeindegebiet ertüchtigt. Es ließ sich die Aussage treffen, dass eine ordnungsgemäße Entwässerung des Plangebietes sichergestellt ist. Um die geplante Bebauung vor schädlichem Einfluss durch Niederschlagswasser zu schützen, regelte die Gemeinde im Plangebiet eine Sockelhöhe von 30 Zentimeter über dem Gelände.

Bebauungsplan – Flächensparende zweigeschossige Bebauung

Für die Umsetzung des städtebaulichen Konzepts musste der ursprüngliche Bebauungsplan aus dem Jahr 1992 geändert werden. Das Änderungsverfahren lief von März 2017 bis Juli 2018.

Im Allgemeinen Wohngebiet entlang des Steinrinnenwegs wird die zulässige Grundfläche im Vergleich zum rechtskräftigen Bebauungsplan deutlich erhöht, um dem großen Bedarf an Wohnraum nachzukommen und eine zeitgemäße, flächensparende Bebauung zu ermöglichen. Damit sich die neuen Gebäude in die Umgebung einfügen, werden gestalterische Vorschriften aus dem Rahmenplan Erling aufgenommen. Um für das Mehrfamilienhaus eine wirtschaftliche barrierefreie Erschließung zu gewährleisten, orientiert sich die Bebauung am Haus Erling. Dieses Gebäude dient gleichzeitig als Schallriegel und schützt dadurch alle Flächen westlich vor Lärmimmissionen des Feuerwehrhauses. Durch die Festlegung der Höhenlage und winkelförmige Anordnung am Fuße des Hügels fügt sich das Gebäude in die bewegte Topografie ein.

Für den Bereich der Gemeinbedarfseinrichtungen Kinderhaus und Turnhalle wird die im ursprünglichen Bebauungsplan zulässige Grundfläche für eine Dreifachturnhalle nur minimal erhöht. Dies wird erreicht durch eine kompakte zweigeschossige Bebauung, die sich in den bestehenden Hang integriert. Für die beiden zweigeschossigen Baukörper ist ein flach geneigtes Pultdach mit Dachüberstand vorgesehen. Sie werden durch einen eingeschossigen Verbindungsbau mit einem begrünten Flachdach gegliedert.

Umweltschutz - Ersparnis an Ausgleichsflächen

Die Wahl eines Standorts in einem Gebiet, für das bereits Baurecht besteht, lohnte sich auch in anderer Hinsicht. Es waren lediglich die Eingriffe in Naturhaushalt und Landschaftsbild zu bilanzieren, die nicht schon vor Beginn der Planung zulässig waren. Folglich konnte die Gemeinde etwa 60 Prozent Ausgleichsflächenbedarf einsparen. Die Verwendung einer Ökokontofläche als Ausgleichsfläche erbrachte eine weitere Reduzierung der Kompensationsumfanges um zehn Prozent . Sämtliche Problemstellungen und Lösungen dokumentierte der PV in einem Umweltbericht.

Verwirklichung

Mit der Planung des Kinderhauses und der Turnhalle wurde das Büro Füllemann Architekten GmbH, Gilching beauftragt. Der Entwurf sieht eine Weiterentwicklung des bestehenden Ensembles Carl-Orff-Schule nach Osten vor und nimmt das eingeschossige Vordach als verbindendes Element auf.