Podiumsdiskussion: Was macht eine Region smart?

Moderation: Jürgen Mauerer, freier IT-Fachjournalist

Die Dynamik der Digitalisierung nimmt zu. Die Kommunen sind stark gefordert, mit der rasanten Entwicklung und den Innovationen Schritt zu halten. Sie müssen aktiv werden, damit sie und so Bayern den Zustand „smart“ erreichen – darüber sind sich die Diskutanten auf der Fachtagung „SMART Region – Digitalisierung und Kommunen“ einig. Thomas Eichinger, Landrat des Landkreises Landsberg am Lech und PV-Vorstandsmitglied, definiert eine Region als smart, wenn sie über die nötige Infrastruktur wie Breitband und auch Mobilfunk verfügt und dem Bürger alle nötigen Systeme für die digitale Kommunikation mit den Behörden von zu Hause aus zur Verfügung stellt. Eichinger räumt ein, dass sein Landkreis noch nicht so weit sei. Er plädiert für eine moderate Umstellung in den kommunalen Verwaltungen, da es Aspekte wie Behördenkultur, IT-Fachpersonal, Verwaltungssysteme und auch Gesetze zu berücksichtigen gilt. Für Dr. Markus Haller, Bereichsleiter Konzeption beim MVV,spielt das Thema Verkehr hier eine große Rolle. Er fordert eine „multimodale, übergreifende Verkehrsplanung für ÖPNV, Straße und neue Mobilitätsformen“, die Echtzeitinformationen für den Verkehr liefert. Gastgeber Felix Hasse, Partner bei PwC und Leiter Government & Public Services Bayern, fasst die Definition „smart“ breiter, nämlich sich neben den technischen Gegebenheiten „smart mit der Entwicklung auseinanderzusetzen und seine Position zu finden“, gerade im Hinblick auf den Wettbewerb ländlicher Raum versus Städte.

Fußfesseln und andere Hindernisse

Die Attraktivität einer Kommune als Standort hängt entscheidend vom Fortschritt der Digitalisierung ab. So sollten Kommunen bessere Rahmenbedingungen schaffen und das offene Gespräch mit der Wirtschaft suchen. Der gemeinsame Austausch aller Beteiligten wie Verwaltung, Wirtschaft, Verkehrsunternehmen etc. ist laut Alexander Spickenreuther, Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern e.V., die Voraussetzung für eine smarte Region. Nur mit vereinten Kräften „kann man zu pragmatischen Lösungen kommen“ und so beispielsweise den Handel unterstützen, führte Spickenreuther aus. Dem stimmten die Teilnehmer des Podiums und der Fachtagung zu. Hasse lenkt den Blick der Teilnehmer auf die Region Schleswig-Holstein: Dort setzen Kommunen stark auf ihre Stadtwerke, um smarte Lösungen zu finden.

Als Bremse auf dem Weg zur Digitalisierung sahen Hasse und Spickenreuther gesetzliche Regelung wie etwa die Stellplatzordnung beim Bau neuer Wohnungen oder den Datenschutz, da man den Bürger um Erlaubnis fragen muss. Den Datenschutz bezeichnete Spickenreuther als „Fußfessel“, die einen Standortnachteil gegenüber amerikanische Unternehmen u.a. für den Handel bedeutet. Landrat Eichinger weist daraufhin, dass Gesetze und Verordnungen die Ängste und Themen der Bürger widerspiegeln und mit einer Deregulierung nicht zu rechnen ist. Als weiteres Hindernis sehen die Diskutanten Kapazitätsengpässe beim Fachpersonal und der Finanzierung von IT-Stellen, da die freie Wirtschaft besser zahlt.

Was zudem fehlt, ist eine übergreifende Strategie für die Digitalisierung; meist geht es nur um Einzelprojekte. So empfiehlt PwC-Partner Hasse den Kommunen: „Eine digitale Agenda zu haben und zwei bis drei Punkte umzusetzen, ohne sich zu verzetteln, wäre der Sache dienlich.“ Die Digitalisierung ist ein langfristiger Prozess und die Verantwortlichen in den Kommunen müssen dafür erst ein Bewusstsein schaffen. So gibt Mobilitätsexperte Dr. Haller denn auch an: „Personal ist nicht alles, eine vernetzte, übergreifende Mobilität muss in die Köpfe rein. Im Moment arbeiten wir bei der Verkehrsplanung in Schubladen.“

Kommunale Zukunft digital gestalten

Bei allen Herausforderungen und betriebswirtschaftlichen Zwängen stellen die Diskutanten fest, dass es jede Kommune in der Hand hat, für sich zu entscheiden, ob sie attraktiv bleiben will oder nicht. Es gibt hier kein allgemeingültiges Patentrezept; jede Kommune ist als Einzelfall zu betrachten und hat ihre eigenen Anforderungen bei der Digitalisierung zu definieren. Und zumindest den Kommunen rund um München geht es nach Aussage von Landrat Eichinger so gut, „dass sie sich das leisten können“.

Damit eine Kommune ihre digitale Zukunft gestalten kann, rät Landrat Eichinger den Verantwortlichen eine Priorisierung der Themen vorzunehmen, zu investieren, die Vorteile der Digitalisierung für die Mitarbeiter herauszuarbeiten (etwa Effizienzgewinn und Standortvorteile) und das Konzept sowie die positiven Effekte in der Bürgerschaft zu bewerben. Dr. Haller ruft zu einer gemeinsamen Lösung zwischen den Landkreisen und Kommunen auf, damit beispielsweise die Metropolregion München zu einer smarten Metropolregion wird. Hasse fordert zum überregionalen Austausch auf und ermuntert mit Verweis auf die erfolgreichen Beispiele Car- und Bike-Sharing, neue Wege zu gehen. Vom Zentrum für Digitalisierung.Bayern (ZD.B) erhoffen die Kommunen auf Landesebene eine zentrale Anlaufstelle, die verstärkt bei der Digitalisierung unterstützt, Modelle für die Umsetzung bereithält und bei technischen Ausschreibungen hilft. So ist laut Dr. Wittges, Geschäftsführer ZD.B eine Themenplattform „Smart City“ im nächsten Haushalt eingeplant.